In meinem letzten Blogbeitrag habe ich dir vorgestellt, was innere Antreiber sind, wie sie unser Leben beeinflussen und wo sie ursprünglich herkommen. Die Antreiber „Sei perfekt“ und „Mach schnell“ kennst du nun schon. Heute werde ich dir die verbleibenden drei Antreiber vorstellen, damit du eine Ahnung erhältst, welcher der 5 Quälgeister dich persönlich durch die Gegend treibt.
Antreiber „Mach es allen recht“
Diese Menschen versuchen anderen mit ihren Worten und Taten zu gefallen. Sie geben alles, damit es den Menschen in ihrem Umfeld gut geht und vergessen dabei häufig sich selbst. Sie halten schlechte Stimmung nur schwer aus, Konflikte werden darum vermieden. Am schlimmsten ist das Gefühl abgelehnt und ausgeschlossen zu werden.
Beispielfall
Luise hat an der Arbeit gerade eine stressige Phase und der Kindergeburtstag ihrer Tochter steht am Wochenende an. Sie muss früher von der Arbeit weg, um alles organisiert zu bekommen. Da schaut der Kollege bei ihr vorbei und fragt sie, ob sie das Protokoll der Teamsitzung von ihm übernehmen könnte, er hat einen dringenden Termin und würde es dafür das nächste mal schreiben. Eigentlich möchte sie „nein“ sagen, aber weil sie ihm damit helfen kann, stimmt sie zu. Abends ruft noch ihre Mutter an und bittet sie, ob sie ihr kurz bei der Buchung ihrer Reise im Internet helfen könnte, das Angebot gilt nur noch bis morgen. Sie fährt zu ihrer Mutter rüber und der komplette Abend geht dabei drauf. Zum Ende der Woche bekommt sie fürchterlichen Stress, weil sie die Vorbereitungen für den Geburtstag noch nicht angehen konnte. Sie rotiert am Rad und ärgert sich wahnsinnig über sich selbst, warum sie wieder mal nicht „nein“ sagen konnte.
Diese Personen sind häufig sehr beliebt und sorgen in Teams für ein gutes Miteinander. Sie sind aufmerksam, hilfsbereit, freundlich und respektvoll. Bei zu starker Ausprägung bringt auch dieser Antreiber seine Schattenseiten mit sich:
Schattenseiten des Antreibers
- Nicht auf eigene Bedürfnisse achten und es nicht mal merken
- Gefahr der Überlastung, weil man nicht „Nein“-Sagen kann
- Meinung anderer ist meist wichtiger als die eigene
- Sich zu viel zumuten, um andere kollegial zu unterstützen
Dies ist ein typischer Antreiber für Frauen. Denn gerade Mädchen haben in der Kindheit gesagt bekommen: „Du musst immer lieb und artig sein.“ Das Kind möchte seinen Eltern gefallen und ihre Liebe erhalten, so setzt es dies um. Das Mädchen ist freundlich zu den Nachbarn, zu Onkel und Tanten, nickt immer brav mit dem Kopf und sagt auf keinen Fall „nein“ zu etwas. Das gehört sich nicht. Es hat gelernt sich anzupassen und erfährt so Wertschätzung.
Vorschläge für den Umgang mit dem Antreiber
Stelle dir die Frage: Willst Du gut sein oder Du selbst? Allen kannst Du es sowieso nicht immer recht machen. Stärke Dein Selbstbewusstsein und sorge für Dich selbst. Übe Dich im „Nein“-Sagen und Grenzen setzen. Du wirst sehen, dass andere dies mit der Zeit akzeptieren.
Erlauber-Satz: „Was brauche ICH?“
Antreiber „Streng dich an“
Für diese Menschen zählen Leistung und Fleiß. Jeglichen Erfolg muss man sich hart erarbeiten. Ihr Motto: „Ohne Fleiß kein Preis.“ Bis spät abends im Büro arbeiten oder vor dem Rechner sitzen, ist für diese Menschen ganz normal. Die innere Einstellung ist: nur das zählt, was mit Mühe und Anstrengung erreicht wird. Sie investieren viel Zeit in allen Bereichen, um sich zu beweisen, dass sie hart gearbeitet haben. Nur so sind sie zufrieden. Sich mal gehen lassen oder etwas genießen, fällt ihnen sehr schwer.
Beispielfall
Michael möchte am Nachmittag im Büro noch eine Auswertung fertig stellen, indem er eine Pivottabelle in Excel aufbaut. Aber die elementare Formel funktioniert einfach nicht. Michael merkt nicht, wie die Zeit verfliegt, er probiert hin und her und gibt nicht auf. „Ich will das heute fertig kriegen, eher gehe ich nicht nach Hause.“ Seine Augen sind schon „quadratisch“ und er sieht eigentlich nicht mehr wirklich etwas auf dem Bildschirm. Abends um kurz nach 20:00 Uhr hat er es endlich geschafft und ist total erledigt, aber zufrieden. Zu Hause wird nur noch gegessen, da er sich zu nichts mehr aufraffen kann. Am nächsten Morgen im Büro schaut er sich mit frischen Kopf seine Auswertung noch mal kurz an und bemerkt, dass die Formel nicht funktioniert hat, weil in den Einstellungen etwas verkehrt eingerichtet war. Dies hatte er am Vorabend übersehen, weil er es mit Biegen und Brechen fertigstellen wollte und den Weitblick verlor. Die Erkenntnis, dass die Formel nicht funktionieren kann, hätte ihm die 2 1/2 Überstunden vom Vortag erspart und er wäre vielleicht doch noch eine Runde Tennis spielen gegangen mit seinem Freund.
Diese Menschen laufen durch den Tag und sagen häufig zu sich selbst „Ich muss noch dies, ich muss noch das.“
Anders wie beim Perfektionisten, braucht nicht alles perfekt sein, sie können auch mal 5 gerade sein lassen. Aber sie müssen etwas schaffen und leisten.
Dieser Antreiber bringt natürlich seine Vorteile mit sich, weil diese Menschen nicht so leicht aufgeben, auch wenn es schwierig wird. So bekommen sie viele Dinge umgesetzt. Zudem sind sie sehr pflichtbewusst, fleißig und können ausdauernd arbeiten. Es passiert schon mal, dass sie so ausdauernd arbeiten und gar nicht merken, wie sie ihre Kollegen abhängen. Denn diese bräuchten eine Pause, um weitermachen zu können. Aber wie bei jedem zu stark ausgeprägten Antreiber, bringt er auch seine Schattenseiten mit sich:
Schattenseiten des Antreibers
- Gefahr der Überanstrengung
- hoher innerer Leistungsdruck
- leichte Erfolge zählen nicht, daher werden Vereinfachungen manchmal übersehen
- ist sich nur etwas wert, wenn er sich anstrengen muss und etwas geleistet hat
- schafft sich ein Lebenskonzept von ständigem „Ich muss“
Auch dieser Antreiber kann in der Kindheit entstanden sein, indem man Liebe oder Aufmerksamkeit der Eltern hauptsächlich erhielt, wenn man fleißig an seinen Hausaufgaben gesessen hat oder bei Oma & Opa den ganzen Nachmittag bei der Gartenarbeit geholfen hat und man dafür abends das grosse Lob der Eltern bekam. Außerdem können Sätze wie: „Du hörst erst auf zu üben, wenn du es kannst.“ einem noch im Ohr klingen, weshalb man ausdauernd an etwas dran bleibt, bis man es endlich kann oder geschafft hat. Noch mal zur Klarstellung: es geht nicht darum, seinen Bezugspersonen die Schuld für einen ausgeprägten Antreiber zu geben. Sie haben dies nicht absichtlich getan und meinten es nur gut mit ihren Kindern, weil sie aus ihren Erfahrungen dachten, so bewegt man sich richtig in unserer Welt. Aber diese Botschaften in den frühen Prägungsphasen wurden verinnerlicht und geben noch heute im Erwachsenenaltern den Ton an.
Vorschläge für den Umgang mit dem Antreiber
Mache dir bewusst: das Leben war nie als Kampf gedacht. Dinge dürfen auch leicht gehen und du darfst es dir mal gut gehen lassen. Das wirkt auch anderen gegenüber viel sympathischer, als wenn man immer so angestrengt ist.
Erlauber-Satz: „Es darf leicht gehen!“
Antreiber „Sei stark“
Für Menschen mit diesem Antreiber ist Gefühle zeigen eher schwierig – vor allem wenn es um Traurigkeit, Angst oder Scham geht. Sie machen auch unter größtem Druck lieber alles allein. Nach außen wird keine Schwäche gezeigt. Auch wenn es mal nicht funktioniert, lassen sich diese Menschen nichts anmerken und tun alles, um die Kontrolle zu behalten bzw. wiederzuerlangen. „Zähne zusammenbeißen und durch.“ – ist ein typisches Motto.
Beispielfall
Tobias hat von seinem Chef angeboten bekommen, das Projekt „Umstrukturierung im Unternehmen“ auf Personalseite zu verantworten. Es läuft über ein Jahr und wäre zusätzlich zu seinem Tagesgeschäft. Er freut sich über die Herausforderung und will es machen. Nach den ersten vier Wochen merkt Tobias wie viel es tatsächlich ist, sagt sich aber, er wird es schon schaffen, wenn er erst eine gewisse Routine bei den Betriebsratsgesprächen bekommen hat.
Er arbeitet viele Überstunden. Auf die Frage seines Chefs hin, wie es läuft, antwortet er: „Alles gut.“ Bis sein Chef sein Stundenkonto nach 6 Wochen Projekt sieht. Er bietet ihm an, Unterstützung für seine Tagesarbeit zu holen. Aber Tobias lehnt ab. „Ist ja eine überschaubare Zeit und bis ich die eingearbeitet habe…“ Nach 5 Monaten fühlt er sich körperlich ausgepowert, aber beißt die Zähne zusammen. Seinem Chef sagt er weiterhin, es sei zwar viel, aber er schafft das schon. Schließlich bricht er eines Morgens zusammen und fällt 6 Wochen mit Erschöpfungssyndrom aus.
Menschen mit diesem Antreiber wirken häufig wie der Fels in der Brandung. Es kann sie nichts so schnell erschüttern.
Sie sind unabhängig, behalten auch in hektischen Phasen einen kühlen Kopf, sind lösungsorientiert und können sich durchsetzen. Der Gegensatz zu Personen mit „Streng dich an“ Antreiber ist, dass diese Hilfe annehmen und auch Gefühle zeigen können, was die „Sei stark“ Person nicht gut kann. Daraus ergeben sich folgende Schattenseiten:
Schattenseiten des Antreibers
- bitten nicht um Hilfe, wenn es angesagt wäre
- ist körperlich stark angespannt
- darf keine Schwächen haben oder zeigen
- andere überlassen ihm die Verantwortung, dadurch landet diese auch oft ungewollt bei ihm
- hat es schwer wirklich zu vertrauen und sich auf menschliche Nähe einzulassen
Auch hier hat der Antreiber wahrscheinlich den Ursprung in der Kindheit. Er findet sich häufig bei Männern wieder. Vielleicht hat man dir als Kind gesagt, dass du aufhören sollst zu weinen. „Ein Indianer kennt keinen Schmerz.“ „Das ist doch lächerlich, wegen eines kaputten Autos zu heulen.“ Du wurdest bestraft, wenn du wütend wurdest und mit etwas um dich geworfen hast. Oder dir wurde vermittelt, dass du deine Gefühle lieber für dich behältst, weil „echte Männer“ sich immer im Griff haben. Was auch immer es war, es hat sich bei dir verinnerlicht.
Vorschläge für den Umgang mit dem Antreiber
Statt „Sei stark“ zu sagen, sei dir bewusst, dass die größte Stärke oft die ist, auch mal schwach sein zu können. Lerne, deine Wünsche und Bedürfnisse auszudrücken und bitte um Hilfe. Andere helfen gerne!
Erlauber-Satz: „Ich darf Hilfe annehmen!“ oder „Gefühle zu zeigen ist erlaubt und zeigt Stärke.“
Antreiber-Test
Das waren sie nun – die 5 inneren Antreiber.
Hast du dich in dem einen oder anderen wiedererkannt? Oder bist du dir nicht sicher, wo du dich einordnen sollst? Kannst du einschätzen, ob der Antreiber noch eine akzeptable Ausprägung hat oder schon Stress verursacht?
Anhand des Antreiber-Tests lässt sich schnell herausfinden, welche der Antreiber eine ungesunde Auswirkung auf dich haben. In einem anschließenden Analysegespräch erläutere ich meinen Kunden das Ergebnis und wir gehen konkrete Situationen bei ihm durch und besprechen mögliche Strategien und Handlungsmaßnahmen für die Zukunft.
Übe deine inneren Antreiber im Alltag immer wieder zu entlarven und stelle ihnen den passenden Erlauber-Satz gegenüber, so werden sich Situationen, Beziehungen und du selbst entspannen.
Dies ist sehr wohltuend und erleichtert das Leben ungemein. Ich wünsche dir viel Erfolg beim Steuern deiner Antreiber!
P.S. Möchtest du auch endlich diese Emotionen loslassen, die in bestimmten Situationen immer in dir aufsteigen oder wo du stets ähnlich reagierst und dich im Nachhinein ärgerst? Du weißt genau, dass es dir mehr schadet als nützt, kannst aber einfach nicht anders? Stelle dir mal vor, wie du zukünftig selbstsicher und souverän durch deinen Alltag und deine Beziehungen gehst, weil du alte, negative Gedanken, Gefühls- und Verhaltensmuster gegen neue, selbstbewusste eingetauscht hast. Klingt interessant? Dann buche ein kostenloses Vorgespräch mit mir und wir schauen, wie ich dich individuell passend dahin führen kann.